Leben, um zu arbeiten?

15.08.2023

Liebe Leser:innen,

heute folgt mal wieder ein Blogbeitrag der Kategorie "Arbeiten, um zu leben oder leben, um zu arbeiten?".

Nachdem ich im Juni/Juli einen Krankenhausaufenthalt hinter mich gebracht hatte und im Anschluss noch ein wenig Zuhause bleiben durfte, um die Magenschleimhautentzündung auszukurieren, war ich (für meine Verhältnisse) tiefenentspannt.



Ich hatte das Gefühl, dass ich nun tatsächlich etwas zur Ruhe kommen konnte und mein Körper auf dem Weg der Besserung war. Während der Krankmeldung habe ich festgestellt, dass ich höchstwahrscheinlich seit dem ersten September 2022 – der Zeitpunkt, als ich die neue Stelle angetreten bin – dauerhaft unter Strom gestanden bin.

Dauerhaft das Bedürfnis hatte, dass ich meinem Arbeitgeber irgendetwas beweisen musste. Beweisen, dass ich effizient arbeite. Beweisen, dass ich TROTZ MENTALER BAUSTELLEN leistungsfähig bin. Beweisen, dass ich mich auch ohne Einarbeitung schnell in alle Prozesse reinarbeiten kann. Usw., usw.

Während der Arbeitszeit hatte ich im Fokus, gute/perfekte Arbeit zu leisten. Während meiner freien Zeit oder während der Wochenenden hatte ich im Fokus, mich auszuruhen, damit ich am Montag wieder "fit" für die Arbeit war. Und während der wenigen Urlaubstage wollte ich dann noch schnell gaaaaanz viel erleben und unternehmen.

So nebenbei dann noch Haus und Garten in top Schuss halten, saubere Fenster und jeden Tag eine warme Mahlzeit am Tisch. Mein Anspruch an mich selbst kennt keine Grenzen.

Mit dem Ergebnis, dass mir mein Körper dann regelmäßig mit migräneartigen Kopfschmerzen angezeigt hat, dass dieser Perfektionismus auf allen Ebenen sehr kräftezerrend ist.

Nach dieser gründlichen Reflexion während meiner Krankschreibung, startete ich entspannt in den ersten Arbeitstag. Ich dachte:

"Jetzt wird alles anders. Ich werde die Arbeit entspannt angehen lassen und mich nicht mehr so schnell aus der Ruhe bringen lassen."

So der Plan.


Die Realität:

Arbeitstag Nr.1 nach der Krankmeldung– JDK öffnet ihre beiden E-Mail-Postfächer, die während der Krankschreibung nicht bearbeitet wurden…. Und auf einen Schlag sind alle guten Vorsätze wie weggeblasen.

Die beiden Postfächer sind randvoll. Und direkt meldete sich ein wohlbekannter Anteil in mir: Die Perfektionistin.

Ihr Motto: Jetzt schnell alles abarbeiten, damit keiner merkt, dass ich zwei Wochen außer Gefecht gesetzt war. Nicht, dass der Arbeitgeber sich noch wundert, warum so Vieles liegen geblieben ist und ich dann antworten muss "Ja, weil ich doch krank war." und er dann auf die Idee kommen könnte, dass ich häufig krank bin o.ä. (Jaaaaa, mein Kopf kann sich viele viele tolle Schlussfolgerungen Dritter zusammenreimen. Er ist da seehr kreativ.)

Oder auch: "Jetzt lieber schnell alles wegarbeiten, bevor sich die Arbeit noch mehr staut und er Arbeitsberg ein noch höheres Ausmaß erreicht."

Dies alles sind wohlbekannte Gedanken.

Also: Selbstfürsorge-Modus aus. Arbeitstier-Modus an. Im Nachgang ist es wirklich verrückt, wie gut ich in der Lage bin – aus einer Angst als minderwertig beurteilt werden zu können – die Arbeit von über zwei Wochen innerhalb von 2-3 Tagen "aufzuholen". Ohne Unterbrechung sitze ich dann stundenlang am PC, hacke in die Tasten, hake eine Aufgabe nach der anderen ab und vergesse dabei alles um mich herum. Trinken, essen, Pausen machen.

Natürlich hat es sich dann erst einmal gut angefühlt, dass ich nach wenigen Tagen wieder "auf Null" war und soweit alles "im Griff" hatte. Aber es rächte sich auch sehr schnell wieder.

Da ich körperliche Signale wie Kopfschmerzen/Nackenstarre oder Müdigkeit/Übelkeit ja wunderbar ignorieren kann, hat sich mein Unterbewusstsein ja schon längst ein System überlegt, wie es meine Aufmerksamkeit wieder komplett für sich hat.

Ihr ahnt sicherlich schon wie.



Richtig, mit Panikattacken. Und zwar vom Feinsten. Auf der Arbeit.

Yeah! Das macht Spaß! My old friend is back. Mr. Panic á Tacky. Missed him so much (not).

Zu seiner Verteidigung: Er meint es nie böse. Jeder vermeintliche "Rückfall" bringt mich weiter und bietet die Gelegenheit zu lernen und ungünstige Glaubensmuster zu hinterfragen. Es ist leider so, dass ich die Arbeit sehr wichtig nehme. Dies möchte ich ändern. Und mein Unterbewusstsein scheinbar auch. Sogar recht dringlich.

Denn nur nach einer Panikattacke kann im Nachgang reflektieren, woran es denn nun eigentlich gelegen hat, dass diese aufgetreten ist. Woran es lag, dass ich wieder in den "Arbeitstier-Modus" zurückgefallen bin. Und ich kann reflektieren, welche inneren Überzeugungen mich immer wieder an diesen Punkt bringen.

Und zwar solange bis ich sie für mich auflösen kann.

Seither habe ich einige "Maßnahmen" auf der Arbeit eingeführt, um mich immer wieder aus meinem zwanghaften Arbeitsmodus rauszubringen.




  • Ich stelle mir alle 50 Minuten einen Wecker am Handy, der mich daran erinnert, eine Pause zu machen. Manchmal nehme ich sie mir nun tatsächlich auch. Stehe auf, trinke Wasser. Räume ein wenig den Schreibtisch auf.
  • Während der Arbeit notiere ich mir typische Sätze auf ein Blatt Papier, die mir durch den Kopf schießen. Dieses Blatt nehme ich dann mit nach Hause und lese darauf so selbstkritische Dinge wie:

"Jetzt hab ich schon wieder 1,5 Stunden mit dieser Aufgabe verdödelt. Das muss schneller gehen."

"Jetzt hab ich heute irgendwie noch gar nichts geschafft."

"Jetzt hab ich heute XY schon wieder nicht erledigt."

  • Und abends habe ich mich die letzten Wochen über meist hingesetzt und habe den Arbeitstag Revue passieren lassen, um zu verstehen, welche Auslöser es gab, die mich erneut zu Höchstleistung angetrieben haben.

Und ich muss wirklich sagen: Die Maßnahmen wirken aktuell ganz gut. Ich komme aktuell tatsächlich weniger erschöpft aus der Arbeit und habe mehr Energie für Freizeit, Freunde und Dinge, die mir Freude bereiten.

Mal sehen, wie lange das so bleibt 😉

Alles Liebe, eure Jacqueline

PS: Sommer ist schon so bisschen meine Lieblingsjahrzeit :)



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